Macht Alleinsein einsam? - Der Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein

Viele Menschen kennen das Gefühl der Einsamkeit, wenn eine Beziehung endet, ein Lebensgefährte geht oder wenn man alleine ist. Daher werden diese beiden Begriffe oft synonym verwendet. Aber auch wenn du von vielen Menschen umgeben bist, die du nicht (vertraut) kennst oder dich zugehörig fühlst, kann schnell ein Gefühl von Einsamkeit eintreten. Egal, ob du 2, 10 oder 50 Personen um dich hast.

Andererseits bedeutet Alleinsein nicht zwangsläufig Einsamkeit. Du kannst zum Beispiel Dinge alleine erledigen oder arbeiten, ohne dich einsam zu fühlen. Im Gegenteil, viele Menschen brauchen Zeit, um Kraft zu tanken und abzuschalten.

Was verstehen wir unter Einsamkeit?

Einsamkeit ist das subjektive Gefühl, dass soziale Beziehungen nicht mit persönlichen Wünschen und Bedürfnissen übereinstimmen. Für manche Menschen kann Einsamkeit einen vermeintlichen Mangel an enger, emotionaler Verbindung bedeuten. Bei anderen tritt Einsamkeit auf, wenn sie weniger Kontakt zu anderen haben als gewünscht.

Prof. Dr. Luhmann, eine der führenden deutschen Einsamkeitsforscher:innen, definiert Einsamkeit in Anlehnung an Peplau/Perlman (1982) als: „eine wahrgenommene Diskrepanz zwischen den gewünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen“.

Alleinsein

Während es sich bei der Einsamkeit um ein subjektives Gefühlt handelt, handelt es sich beim Alleinsein um einen objektiven Zustand. Wenn sich kein anderer Mensch (oder auch Tier) physisch in deiner Nähe befindet, bist du alleine.

Ein mögliches Beispiel für Alleinsein wäre, dass du Abends nach der Arbeit alleine auf deiner Couch sitzt und niemand bei dir ist.

„Ich muss oft Zeit allein verbringen. Ich wäre ziemlich glücklich, wenn ich von Samstagabend bis Montagmorgen allein in meiner Wohnung wäre. So tanke ich wieder auf.“Audrey Hepburn

Einsamkeit und Alleinsein - Einfach trennbar?

Nicht unbedingt. Alleinsein kann durchaus zu einem Gefühl der Einsamkeit führen – muss es aber nicht. Einsame Menschen fühlen sich abgeschnitten und gehören (zumindest gefühlt) nicht dazu. Es gibt einen wichtigen Grund, warum dieses Gefühl so schmerzhaft ist, erklärt Diplom Psychologin Dr. Eva Wodalek:

„Wir sind soziale Wesen. In der menschlichen Evolution war es überlebenswichtig, zu einer Gruppe zu gehören, denn Einzelgänger hatten bei den vielfältigen Gefahren kaum Überlebenschancen.“

Sie wirkt bis heute und verursacht körperliche Schmerzen, die sogar von Gehirnscannern erkannt werden können.

Ständige Einsamkeit kann also auch richtig krank machen. Der Psychologe John Cacioppo von der University of Chicago untersucht die Auswirkungen sozialer Isolation auf Menschen. Er fand heraus, dass Einsamkeit das Risiko für Herzinfarkt, Demenz und Depressionen erhöht und das Gehirn beeinträchtigen kann. Einsame ältere Menschen sterben früher.

Cacioppo fand jedoch auch Folgendes heraus:

Die Lösung liegt nicht unbedingt darin, mehr Zeit mit mehr Menschen zu verbringen, sondern in mehr Einstellung. Einsame Menschen neigen dazu, andere als gefährlich anzusehen und reagieren überempfindlich auf wahrgenommene soziale Bedrohungen. Der Abbau dieses mentalen Modells ist effektiver als die Stärkung zwischenmenschlicher Beziehungen.

Hat Alleinsein Vorteile?

Für diejenigen, die mit sich selbst im Reinen sind und sich in ihrem eigenen Kopf wohlfühlen, ist das Alleinsein ein Segen. Aber es hat auch einige echte Vorteile.

Indem du dich auf dich selbst konzentrierst und dich nicht von Interaktionen ablenken lässt, schaffst du Raum für Kreativität. Die Aufmerksamkeit kann sich frei bewegen und sich auf neue Dinge und Aspekte konzentrieren, die zuvor noch nicht entdeckt wurden.

Außerdem erfährst du mehr über dich selbst und kommst in Kontakt mit deiner eigenen Gefühlswelt. Und diejenigen, die mit ihren inneren Abläufen vertraut sind, können bessere und tiefere Beziehungen zu anderen aufbauen. In dieser Hinsicht erhöht das Alleinsein die wahre zwischenmenschliche Fähigkeit.

Darüber hinaus sind wir möglicherweise mehr im Einklang mit der Natur, wenn wir allein sind. Und weil wir unabhängiger und selbstbewusster sind, fühlen wir uns freier.

Alleinsein - sieh es positiv!

Wenn es dir unangenehm ist, allein zu sein, besteht der erste hilfreiche Schritt darin, das Alleinsein in eine positive oder zumindest neutrale Erfahrung zu verwandeln.

  • Anstatt alleine fernzusehen oder auf Facebook zu verweilen, gehen Sie dorthin, wo Sie sich wohl fühlen.
  • Mache einen Spaziergang am Strand, radel  durch den Wald oder erkunde die nahe gelegenen Wiesen näher. Sowohl körperliche Bewegung als auch Zeit in der Natur wirken Wunder.
  • Du kannst dich auch bewusst dafür entscheiden, allein zu Hause zu übernachten. Mache ein oder zwei Aktivitäten, die dir besonders gut tun. Das kann ein leckeres Essen, ein interessantes Buch oder Sport sein. Beschäftige dich mit dem Alleinsein und konzentriere dich auf die Emotionen, die du fühlst.

Lerne dich selbst wertzuschätzen und versuche negativen Gedanken entgegenzuwirken. Positives Denken ist eine Fähigkeit, die trainiert werden kann. Indem du eine bewusste Entscheidung triffst, allein zu sein, und dies mit Aktivitäten kombinierst, die dir Spaß machen, hörst du auf, es als Besessenheit oder Stress zu empfinden.

Mit dieser Einstellung wird sogar das Alleinsein zum Vergnügen.

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