"Es ist blöd, es ist schmerzhaft, man weint, man fühlt sich unsicher."

Geschichten aus der Community

Geschichten aus der Community

Nicole für Menschen von Helpcity

Wie würdest du mit eigenen Worten beschreiben, was du derzeit erlebst oder erlebt hast?

Vor 5 Jahren habe ich mich dazu entschlossen, die Pille abzusetzen. Weniger als ein Jahr später bekam ich riesige Entzündungen und Pickel im Gesicht. Ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte, da ich das Gefühl bekam, die Kontrolle verloren zu haben. Teilweise bekam ich durch die Pickel solche Schmerzen, dass ich mich nachts nicht mehr auf die Seite drehen konnte. Ich fing an, zu einer Kosmetikerin zu gehen, die mir allerdings nur kurzfristig helfen konnte.

Irgendwann zog ich dann die Reißleine und ging zum Hautarzt. Die Diagnose: Hormonelle Akne. Ich bekam eine hochdosierte Salbe verschrieben, die ich ab sofort regelmäßig benutzen sollte. Einige Tage nach der ersten Nutzung war mein Gesicht feuerrot und brannte. Egal welche Creme ich auftrug, um meine Hauttrockenheit durch die Salbe zu lindern, alles brannte. Ich traute mich nicht mehr raus, nichts half mehr. Die Salbe begann aber irgendwann zu helfen und ich wurde meine Entzündungen endlich los. Circa anderthalb Jahre später ging es erneut los.

Ich hatte wieder dicke Pusteln im Gesicht, die monatelang blieben, alles entzündete sich. Ich begann wirklich zu verzweifeln, suchte im Internet nach allen möglichen Cremes und Produkten, die helfen könnten. Dabei gab ich aus heutiger Sicht sicherlich hunderte Euros aus. Als nichts half, ging ich erneut zum Hautarzt und bekam die gleiche Salbe verschrieben. Diesmal half sie mir nicht.

Als ich eines Tages begann, durch Social Media zu scrollen, entdeckte ich eine Werbung für Telemedizin. Es war praktisch das Angebot von Hautärzten, Patienten aus der Ferne mit eigens angemischten Produkten zu behandeln. An dem Punkt dachte ich mir: Was habe ich zu verlieren? Ich probiere es einfach. Es war das erste Mal, dass eine Hautärztin mir zuhörte, mich verstand und meine Probleme ernstnahm und mir nicht wieder nach 5 Sekunden irgendeine Tablette oder Salbe verschrieb. Ich begann nach 8 Wochen erste Ergebnisse zu sehen und war glücklicher denn je.

Heute bin ich dort zwar nicht mehr in Behandlung, aber habe ein viel besseres Verständnis für meine Haut und meine Bedürfnisse.

Als du selbst realisiert hast, dass etwas nicht stimmt (oder dir wurde eine Erkrankung diagnostiziert) wie hast du dich dabei Gefühlt beziehungsweise wie fühlst du dich?

Insgeheim hatte ich bereits lange das Gefühl, zu wissen, was es ist. Deshalb war es für mich keine Überraschung. Allerdings hatte ich mir damals gewünscht, vom Hautarzt ernstgenommen und nicht einfach abgefertigt zu werden. Die Diagnose selbst war aber eine Bestätigung für mich, weil ich wusste, dass meine Hautprobleme nicht von irgendwo herkommen.

Wie sah/sieht dein Alltag aus?

Als ich noch sehr schlimme Pickel und Entzündungen hatte, begann mein Morgen immer damit, mein Gesicht zu waschen, einzucremen und meine roten Flecken mit Makeup abzudecken. Ich habe mich aber den ganzen Tag über unwohl gefühlt, weil ich die Entzündungen nonstop durch Schmerzen bemerkt habe und ständig daran erinnert wurde, dass sie da sind.

Angesichts deiner Situation, wie wirkt deine Umgebung und die Gesellschaft auf dich?

In meinem Freundeskreis oder von Fremden kamen wenig Kommentare zu meinem äußeren Erscheinungsbild. Es kamen eher Bemitleidungen. Von der Familie kamen leider oft ungefragte Ratschläge, dass ich zum Beispiel mein Gesicht nur mit Wasser waschen soll, ich zu viel Makeup benutzen oder zu fettig essen würde. Manchmal kamen auch Fragen wie: „Warum hast du denn so Unreinheiten? Was ist denn da los?“ Dazu sei gesagt: Jeder, der schon länger mit Akne zu kämpfen hat, weiß, dass etwas nicht stimmt, ist vielleicht in einer verzweifelten Situation und braucht nicht noch ungefragte Ratschläge, die zu nichts führen.

Vor allem Social Media spielte immer eine große Rolle. Dort sehen wir stets perfekte Gesichter, perfekte Körper. Zwar wissen wir, dass die meist retuschiert sind, trotz allem gibt es uns oft das Gefühl, unser Aussehen dem Schönheitsideal, das auf Instagram und Co. Gezeigt wird, anzupassen. Das Gefühl hatte ich lange – bis ich ausgemistet habe und Accounts, die dieses perfekte Bild propagieren, entfolgt bin. Ich habe angefangen, mich viel mit „Skin positivity“ zu beschäftigen und das hat mir Mut gemacht. Ich habe endlich einige Frauen und Männer entdeckt, denen es genauso erging und ergeht, wie mir.

Wenn du die Möglichkeit hättest offen und ehrlich reden zu können, was würdest Du sagen wollen?

Akne positivity gibt es nicht, weil Akne-Erkrankte an Akne nichts Positives sehen. Es ist blöd, es ist schmerzhaft, man weint, man fühlt sich unsicher. Und was oft außen vorgelassen wird: Es kann einen psychisch fertig machen. Man sollte niemals unterschätzen, wie wichtig das äußere Erscheinungsbild für das eigene Wohlbefinden ist.

Wie definierst du für dich Leben?

Genießen – egal, was andere um einen herum sagen, egal was wir für gesellschaftliche Normen haben. Ungezwungenheit und Entspanntheit sind wichtig für mich geworden, um unbeschwert Leben zu können und mich nachhaltig selbst so akzeptieren zu können, wie ich bin. Ich möchte mich nicht täglich darum sorgen, wie ich aussehe oder wie ich auf andere wirke. Mein Ziel ist es, mich zu lieben und Menschen an meinem Leben teilhaben lassen, die mich so nehmen und lieben wie ich bin.

Gibt es eine Erfahrung, die dein Leben nachhaltig verändert hat? (sowohl positiv, als auch negativ?)

So blöd es vielleicht klingt, aber: Die Entdeckung einer Instagram-Werbung und das Ausmisten der Accounts denen ich gefolgt bin. Menschen zu sehen, die sich offen im Netz mit allen Makeln zeigen, sich nicht schämen und zeigen, wie normal das ist, hat mir Mut gemacht, selbst das ein oder andere Foto öffentlich zu machen, um andere zu bestärken. Es hat nachhaltig mein Selbstbewusstsein und mein Verhältnis zu mir und meiner Haut verändert.

Ich verstecke mich nicht mehr hinter Makeup oder irgendwelchen Filtern, sondern akzeptiere Narben oder andere Makel. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mich selbst so liebe, wie ich bin. Es ist ein langer Weg dahin, aber ich weiß, dass ich auf dem richtigen bin.

Zu wissen, dass andere Betroffene mit ihren Ängsten und Sorgen nicht allein sind, kann sehr hilfreich sein. Deswegen möchten wir dich und deine Geschichte vorstellen. Warst du schon mal in einer schwierigen Situation? Was oder wer hat dir geholfen?

Du magst das vielleicht nicht glauben, aber deine Geschichte könnte für andere Gold wert sein – sie könnte einen Wendepunkt in ihrem Leben darstellen.

Schreib uns dafür doch eine kurze E-Mail an kontakt@helpcity.de. Gerne teilen wir deine Story mit den anderen Usern. Ob als Social Media Beitrag, auf der Pinnwand oder auf unserem Helpcity Blog – das darfst du entscheiden. Die Veröffentlichung kann natürlich komplett anonym erfolgen.

Wir freuen uns auf deine Nachricht!

Brauchst du jemanden zum reden?

Finde jetzt den passenden Austausch für dich.
Helpcity, das soziale Netzwerk für digitale Selbsthilfe.

Das könnte dich auch interessieren:

Bulimie – Ein Teufelskreis ohne Ausweg?

Ich stellte fest, dass ich Unmengen Schokolade, Pizza, Döner, Kuchen etc. in mich reinstopfen konnte und meine Figur schien nicht weiter darunter zu leiden. Aber allmählich
stellten sich soziale Isolation, Ermüdungszustände, Gereiztheit und absolute Versagensgefühle ein.

Mehr »

Mein Leben mit Depressionen – ein Erfahrungsbericht

Eigentlich gehen meine Gründe für meine Depression schon bis in die Kindheit zurück. Immer habe ich viel Ehrgeiz in gute Schulnoten gesteckt. Ich war stolz auf meine guten schulischen Leistungen und Weiterbildungen. Lernen hat mir viel Spaß gemacht. Ich habe mich unbewusst mit meinem Bruder gebattelt, der ins Gymnasium ging und ich in die Realschule. Ich lebe mit dem grundlegenden Gefühl, dass mein Tun zu wenig ist, egal was ich tue. Pausen einlegen, das erreichte zu genießen, ist mir unbekannt…

Mehr »